Im alten Czernowitz kreuzten sich die Kulturen und Sprachen. Deutsch, Jiddisch, Ukrainisch, Ungarisch, Rumänisch, Polnisch, Russisch. Fotografen arbeiten mit Licht und Schatten und Komponisten mit der Abfolge von Klängen; Dichter arbeiten mit der Sprache. Das Festival „Meridian Czernowitz“ taucht ein in die sprachreiche Kulisse von Czernowitz.
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Im September 2010, aus Anlass des 90. Geburtstages von Paul Celan, wurde das Internationale Lyrikfestival “Meridian Czernowitz” aus der Taufe gehoben. Vom 6. bis 9. September 2012 findet es zum dritten Mal, erstmals unter Einbeziehung einer Buchmesse und der Kleinstadt Chodyn sowie der Unesco Weltkulturstätte Kamjanez-Podilskyj statt.
Rund vierzig Veranstaltungen, darunter Lesungen, eine Theateraufführung, Konzerte und literarische Spaziergänge mit Teilnehmern aus Deutschland, Österreich, Schweiz, Großbritannien, USA, Dänemark, Niederlande, Polen, Rumänien, Russland und der Ukraine bringen internationales Flair in die 240.000 Einwohner zählende Stadt in der Westukraine.
Wichtig für eine historisch gewachsene Stadt, deren Nationalität im Laufe der Geschichte mehrmals gewechselt hat und die vom Mythos der Vergangenheit eingekreist ist und in der heute überwiegend Ukrainisch gesprochen wird.
Das internationale Lyrikfestival hat sich zum Ziel gesetzt die einstige Vielsprachigkeit – Deutsch, Rumänisch, Polnisch, Russisch, Jüdisch – nach Czernowitz zurückzubringen und wieder im europäischen Kulturleben teilzunehmen. Gedichte der teilnehmenden Poeten werden elektro-akustisch vertont in Form einer Party vorgetragen zusätzlich zu den Lesungen. Zur Erinnerung an den weltberühmten Tenor Joseph Schmidt (geboren 1904 in der Bukowina, 1942 gestorben im Internierungslager Girenbad) werden seine bekanntesten Lieder konzertant vom Czernowitzer Dirigenten Leonid Feldmann mit dem Orchester Jüdischer Musik und dem aus Czernowitz stammenden, nun in Israel lebenden, Jazz-Trompeter Avraham Felder (Agashkin) vertont.
In diesem Jahr findet im Rahmen von Meridian Czernowitz erstmals eine Buchmesse statt: Verlage aus der Ukraine, Polen, Österreich, Deutschland und Schweiz haben ihre Teilnahme zugesagt. Als Folgewirkung des ersten Festivals wurden bereits zehn Bücher herausgegeben, darunter “Lexikon der intimen Städte”, das neueste Buch in Ukrainisch von Jurij Andruchowytsch, dessen Romane, Gedichte, Essays von verschiedenen Verlage ins Deutsche und Englische übersetzt wurden und der mit Oksana Sabuschko zu den bekanntesten Vertreter-inne-n der zeitgenössischen ukrainischen Literatur zählt. Beide werden in Czernowitz an verschiedenen Veranstaltungen teilnehmen, auch als Ansporn für die teilnehmenden jungen Dichter-inne-n, die mit Hilfe des Festivals zu neuen Kontakten kommen. Die teilnehmenden Verlagen können sich vor Ort ein Bild machen, wie vielfältig sich die Literatur in der seit 1991 unabhängigen Ukraine entwickelt hat.
“Czernowitz, Tscherniwzi,Tschernowzy” eine Sammlung aus Prosa und Essays vom Czernowitzer Dichter und in Prag und London lebenden 65jährigen Radioproduzenten Igor Pomerantsev wird in Form eines Buches (in russischer Spracher) und einer Theatervorführung präsentiert. Die Zusammenarbeit mit dem aus Czernowitz stammenden “Independent Theatre Laboratory” unter Leitung des 37jährigen Leiters Oleg Melnytschuk hat sich bewährt. Gekonnt wird dreisprachig auf Ukrainisch, Russisch und Deutsch – zum Teil simultan – eine neue Theatersprache auf die Bühne gestellt. In ihrem aktuellen Repertoire findet sich neben Igor Pomerantsev, Paul Celan, T. S. Eliott, Ingeborg Bachmann und Arthur Schnitzler.
Literarische Spaziergänge mit allen teilnehmenden Dichter, der Besuch des Jüdischen Friedhofes und der Paul Celan Gedenkstätte, die Lesungen der teilnehmenden Dichterinnen und Dichter, die zweisprachig stattfinden (Muttersprache, Übersetzung ins Ukrainsche) und eine Vorlesung speziell für Kinder sorgen für ein reichhaltiges Programm.
Meridian Czernowitz führt 2012 mit seinem Lyrikfestival die Teilnehmer und Besucher über die eigene Stadtgrenzen hinaus, die westukrainischen Städte Chotyn, eine mitteralterliches Kleinod mit einer imposanten Festungsanlage, und Kamjanez-Podilsky, das sich auf der Unesco-Weltkulturerbe-Liste befindet, werden als Veranstaltungsorte in das vier Tage Festivalprogramm miteinbezogen.
Als Veranstalter fungiert die regionale Kulturorganisation “Kulturnyi Kapital” unter Mitwirkung nachstehender Institiutionen und Vertretungen: Stadtrat Czernowitz, Kulturministerium der Ukraine, Nationale Jurij-Fedkowytsch-Universität Czernowitz, Österreichischen Botschaft Kiew, Botschaft der Bundesrepublik Deutschland Kiew, Schweizerische Botschaft Kiew, USA-Botschaft Kiew, Goethe-Institut Kiew, Polnisches Institut Kiew, Pro Helvetica, Stadtrat von Chotyn und Kamjanez-Podilsky, Robert Bosch Stiftung, Kongress der Ukrainer Nationalgesellschaft, OeAD-Kooperationsbüro Lviv, Stepan Lingevich Stiftung, Projekt USAID LINC, Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GIZ, Festivalagentur “Rathaus”, Hotel “Bukovyna”, Hotel “Zezino”, Klubhaus “Sorbone” und andere Kulturfonds.
Der Hauptsponsor der Veranstaltung ist die Unternehmensgruppe von Dmytro Firtasch.
Das aktuelle Programm, die Namen aller Teilnehmer und weiteres Informationsmaterial finden sich auf der Webseite von Meridian Czernowitz in ukrainischer und englischer Sprache.